Man stelle sich einmal vor: Peter Altmaier, seines Zeichens Bundesminister für Wirtschaft und Energie, seilt sich aus einer Windenergieanlage in über 100 Metern Höhe ab. Ausgestattet mit persönlicher Schutzausrüstung. Vor den Kameras der Journalisten. Die Bilder gehen um die Welt. Altmaier setzt ein Zeichen. Ein längst erforderliches Bekenntnis. Die Windenergie ist sicher.
Völlig unrealistisch? Jein. Ein Blick über die Grenze nach Polen zeigt: Politik geht auch anders. Zumindest anders als hierzulande. Polens stellvertretende Ministerpräsidentin und Entwicklungsministerin Jadwiga Emilewicz machte es am 29. Juli im Windpark Kozmin vor. Emilewicz war der Einladung des polnischen Windenergie-Verbands PSEW gefolgt, der vor Ort eine Informationsveranstaltung zum Stand der Entwicklung der Windenergie in Polen im Windpark „Jarocin Kozmin“ organisiert hatte. Der Windpark, der von der wpd derzeit im westlichen Zentrum Polens, in der Woiwodschaft wielkopolskie, gebaut wird, besteht aus 17 Windenergieanlagen des Typs GE 2,5-120. Mit der Inbetriebnahme der ersten Anlagen des 42,5-MW-Projekts wird in Q3/2020 gerechnet.
Evakuierungsmaßnahme im Windpark Kozmin
Während einer Besichtigungstour durch den bereits seit 2014 bestehenden Windpark „Kozmin Pilot“ sprach die Ministerin unter anderem mit Agnieszka Pląska, der Geschäftsführerin von wpd Polska , die das Unternehmen vorstellte, die gute Zusammenarbeit mit der Regionalverwaltung und den hohen Stellenwert des Engagements von wpd für die Energiewende im Land betonte. Im Windpark hatte das polnische Team von wpd windmanager rund um Pawel Kopczyński alle Vorkehrungen für die aufwändige Demonstration einer Evakuierung getroffen. Vor den Augen der Journalisten wollten sich Mitarbeiter von wpd windmanager aus der Gondel der Enercon E-82 in 108 Meter Höhe abseilen. Dieser Plan der polnischen wpd windmanager Kollegen wurde vor Ort allerdings durch die Spontanität von Ministerpräsidentin Emilewicz auf eine harte Probe gestellt, weil sie kurzerhand vorschlug, sie könnte sich ja aus der Gondel der Enercon-Anlage evakuieren und herunter seilen lassen. Pawel Kopczyński standen die Schweißperlen buchstäblich auf der Stirn geschrieben.
Ihren Worten ließ Emilewicz umgehend Taten folgen. Das beeindruckte nicht nur die gelernten und höhenerprobten Techniker von wpd windmanger. Auch die Journalisten zeigten sich vom Körpereinsatz der Ministerpräsidentin entsprechend beeindruckt.
In einer abschließenden Pressekonferenz betonte Emilewicz, dass Polen anstrebe, bis 2050 zu jenen Ländern zu zählen, die am meisten in die Entwicklung der Windenergie investieren werden. Dabei hob sie hervor, dass hierfür eine Novellierung des sogenannten „Windpower-Investitionsgesetzes“ unumgänglich sei. Dessen Inkrafttreten im Juli 2016 hat die Entwicklungsgeschwindigkeit der polnischen Windenergie beinahe gen null geführt, da es die aus Bayern bekannten 10-H-Abstandsregel umgesetzt hat. Sowohl der PSEW als auch wpd Polska haben sich von Beginn an für eine Gesetzesänderung und die Minimierung der Mindestabstände eingesetzt.
Das Engagement zeigt Erfolge
Jadwiga Emilewiczs Ministerium bemüht sich seit Monaten nachdrücklich um eine Novellierung des Gesetzes, sodass eine Verringerung der Abstände möglich wird, wenn ein Bebauungsplan (auf Polnisch MPZP), ein Umweltschutzgutachten sowie lokale Akzeptanz gegeben sind. Die Liberalisierung der Gesetzesvorgabe soll bis Ende des Jahres umgesetzt sein, sodass sich die Blockade wichtiger Windenergieprojekte in Polen in 2021 zu einem Gutteil auflösen lassen könnte.
Die Veranstaltung in den beiden polnischen Windparks „Kozmin-Jarocin“ und „Kozmin Pilot“ und die aufsehenerregende Aktion der stellvertretenden Ministerpräsidentin haben dazu beigetragen, dieser Entwicklung noch mehr Dynamik zu verleihen.
So viel Körpereinsatz wäre auch hierzulande wünschenswert. Jadwiga Emilewicz geht mit gutem Beispiel voran. Altmaier bitte nachmachen. JETZT!