Aus den Augen, aus dem Sinn. Das kann für Windpark-Betreiber teuer werden. Während die Windenergieanlage selbst und deren Komponenten regelmäßig gewartet werden, beschränken sich die Prüfungen der Windpark-Verkabelung auf ein absolutes Minimum. In der Regel einmal vor Inbetriebnahme begutachtet und entsprechend abgenommen, folgt in den nächsten Jahren keine weitere turnusmäßige Kabelprüfung im Windpark – außer es treten offensichtliche Fehler oder Störungen auf. Das kann verheerende Folgen haben. Gerade vor Gewährleistungsende sollten sich Windpark-Betreiber absichern.
Zwei bis drei Mantelfehler pro Windpark
Die Erfahrung zeigt: Bei fast jedem geprüften Windpark treten kritische Störungen auf. Das bestätigt Christian Peinemann, Technisches Management bei der wpd windmanager GmbH & Co. KG, zuständig für sämtliche Kabelprüfungen beim Betriebsführer. „Seit 2018 bieten wir zustandsorientierte Kabelprüfungen an – auch zum Ende der Gewährleistung. Im Schnitt kommen dabei auf jeden von uns geprüften Windpark zwei bis drei Mantelfehler. Häufig entdecken wir auch Teilentladungen und fehlmontierte, oxidierte, poröse oder auch beschädigte Kabelanschlüsse und Stecker.“
Vor Gewährleistungsende können solche Kabelfehler und Beschädigungen noch beim Kabelbauer angezeigt und entsprechend instandgesetzt werden. Nach Gewährleistungsende trägt die Kosten der Windparkbetreiber – sowohl die Instandsetzungskosten als auch den Ertragsausfall.
Wie aber läuft eine Prüfung vor Ablauf der Gewährleistung ab? Was gilt es zu beachten?
Reparaturmanschette für beschädigtes Kabel
Kabelprüfung im Windpark: Ein Beispiel aus der Praxis
„In einem bayrischen Windpark haben wir kürzlich im Rahmen der Gewährleistung die zustandsorientierte Kabelprüfung durchgeführt“, erklärt Peinemann. „Zeitlich orientieren wir uns immer am Gewährleistungsende. Windpark-Betreiber sollten die Prüfung im Idealfall rund drei Monate vor Ende beauftragen, um so ausreichend Zeit für die Messung und das Anzeigen etwaiger Mängel beim Kabelbauer einplanen zu können.“
In diesem konkreten Fall in Bayern stellte das Kabelmess-Team vier Mantelfehler, eine teilentladungsbehaftete Verbindungsmuffe sowie zu große Kabelhalteschellen in den Schaltfeldern der WEA 1 bis 4 und eine nicht befestigte Erdungsschiene im Schaltfeld der 5. WEA fest. Bei den Instandsetzungsarbeiten wurden diese Befunde später bestätigt und zwei weitere Mantelfehler auf der externen Kabeltrasse detektiert.
Anhand des recht jungen Alters des Windparks und der bereits vorherrschenden Höhe an Teilentladungs-Pegeln ließ sich bei der Verbindungsmuffe mit hoher Wahrscheinlichkeit auf einen Mangel durch Montagefehler schließen. Nach Rücksprache mit dem Kabelbauer wurde eine externes Prüflabor beauftragt, um dies zu untersuchen. „Dem jeweiligen Kabelbauer steht es natürlich frei, eine eigene Validierung unserer Prüfergebnisse zu beauftragen“, äußert Peinemann. Jeder Gewährleistungsfall verursacht für den Kabelbauer Kosten. Entsprechend versuchen Kabelbauer diese für sich möglichst niedrig zu halten.
Auch die Ursachen für die vorgefundenen Mantelfehler stellte das Team rund um Peinemann recht schnell und eindeutig fest. So wiesen die Kabel in den Bereichen, in denen sie für eine Straßen- oder Grabenunterquerung durch ein Rohr geführt wurden, eindeutige Abriebspuren auf. Derartige Spuren entstehen nur während der Verlegearbeiten und sie gefährden die Schutzeigenschaften der Kabel (beispielsweise gegen das Eindringen von Wasser) erheblich.
Bei rund 33.ooo Volt drohen haftungsrechtliche Konsequenzen
Verlegetiefe nicht ausreichend
Finanzielle und haftungsrechtliche Konsequenzen
„Außerdem mussten wir überraschend feststellen, dass die Verlegtiefe der Kabel nicht ausreichend war und nicht den Angaben der Dokumentation entsprach“, so Peinemann. Da das Kabel stellenweise nur rund einen halben Meter tief lag, ist es wohl einem Landwirt gelungen, eine Eisenstange so einzuschlagen, dass diese genau auf das Kabel traf. Glücklicherweise wurde dabei aber „nur“ der Außenmantel beschädigt. „Bei bis zu 33.000 Volt Netzspannung drohen Betreibern sonst nicht nur finanzielle Nachteile. Das kann auch schnell haftungsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen“, verdeutlicht Peinemann. „Dessen sind sich viele Betreiber gar nicht bewusst.“
Mantelfehler durch Eisenstange
Kosten vs. Nutzen: Wann lohnt sich eine Kabelprüfung?
Eine pauschale Kostenrechnung lässt sich schwer aufstellen. Zu vielfältig sind sowohl die Schadensursachen als auch die Windparks mit ihren Standorten, der Anlagenanzahl und ihren volatilen Erträgen. „Pauschal lässt sich allerdings sagen, dass Störungen und Kabelfehler unter Last auftreten. Dementsprechend sollten Betreiber mit Vorsicht agieren, denn im Schadensfall müssen sie immer mit Ertragsverlusten rechnen. Häufig steht sogar der gesamte Park still“, äußert Peinemann. „Dann übersteigen die Ertragsverluste die Kosten für eine Kabelprüfung umgehend.“
Da die Mittelspannungskabelanlage in der Regel nur bei der Inbetriebnahme geprüft wird, sollten Betreiber lieber auf Nummer sicher gehen und – spätestens mit Ablauf der Gewährleistung – den Zustand ihrer Windparkverkabelung prüfen lassen. Das spart Geld. Die Messungen aus den Windparks – mit rund 2-3 Mantelfehlern im Schnitt – zeigen darüber hinaus, dass sich eine zustandsorientierte Prüfung schnell rentiert. So sind Betreiber auf der sicheren Seite und es drohen keine bösen Überraschungen.
Als erster deutscher Betriebsführer verfügt wpd windmanager über einen eigenen Kabelmesswagen und unterstützt Betreiber bei der Prüfung und Diagnose sämtlicher Kabel.