Der Kostendruck in der Windenergie steigt. Seit Jahren wird dies prophezeit. Im letzten Jahr bekam diese Prophezeiung allerdings ein reales Gesicht. Große, namhafte Unternehmen begannen massiv Stellen abzubauen. Spätestens jetzt wurde auch dem Letzten klar: Der „steigende Kostendruck“ ist keine Plattitüde, sondern so präsent wie noch nicht zuvor.
Auch vor der Betriebsführung macht dieser Kostendruck nicht halt. Gleichzeitig steigen die Anforderungen an den Betrieb von Windparks enorm. Jährlich kommen neue Regulierungen hinzu. „Betriebsführer müssen ihre Palette an Dienstleistungen kontinuierlich weiterentwickeln, um alle Tätigkeiten im Bereich des Windpark-Managements selbst abdecken zu können“, erläutert Till Schorer, Director Sales bei der wpd windmanager GmbH & Co. KG. Dazu gehören beispielsweise eine 24/7-Leitwarte im Dreischicht-Betrieb, ein eigener Außendienst, Experten für die jeweiligen Anlagenhersteller, Spezialisten für Rotor, Fundament oder Getriebe, Länderverantwortliche für das Management internationaler Windparks, eine IT-Abteilung, die sämtliche Kommunikation mit den Windparks überwacht oder Ingenieure die eigene Lösungen für unterschiedliche Problemstellungen entwickeln. „Daneben steigen die Erwartungen der Betreiber und damit auch die Nachfrage nach immer kundenindividuelleren Dienstleistungen – beispielsweise im Bereich des Reportings oder beim übergreifenden Portfolio-Management für unterschiedliche Windparks“, so Schorer.
Kleine vs. große Betriebsführer
Große Konsequenzen hat dies vor allem für kleinere Betriebsführer. Sie haben in den nächsten Jahren noch stärker mit diesem Spannungsfeld aus Kostendruck und steigenden Anforderungen zu kämpfen, weil sie finanzielle Engpässe schwieriger kompensieren und mit der Größe anderer Betriebsführer nicht konkurrieren können. Um sich auf dem Markt zu behaupten, müssen sie alternative Wege wählen, sich spezialisieren oder Kooperationen eingehen.
Generell liegen die Herausforderungen für größere Betriebsführer eher in der Weiterentwicklung der Strukturen und im Ausbau des Know-hows. Hier gilt es einerseits Prozesse zu optimieren oder Schnittstellen zwischen einzelnen Lösungen zu etablieren, um so zum Beispiel auch eine schnelle und reibungslose Kommunikation mit Systemen von externen Dienstleistern zu gewährleisten. Andererseits betrifft dies das Rekrutieren und Halten von Fachkräften, die auch von anderen Branchen stark umworben sind. „Den Fachkräftemangel spüren wir beispielsweise im Bereich der Finanzbuchhaltung oder auch im elektrotechnischen Bereich. Da nimmt der Wettbewerb enorm zu“, erläutert Schorer. „Darum setzen wir noch stärker auf die Aus- und Weiterbildung unserer Mitarbeiter.“
Welchen Herausforderungen aber müssen sich Betriebsführer darüber hinaus stellen? „Im letzten Jahr waren der Weiterbetrieb und damit einhergehend auch das Repowering die zentralen Themen“, äußert Schorer. „Auch in diesem Jahr wird uns das in der Betriebsführung natürlich weiter beschäftigen.“ Als neue Herausforderungen sind für dieses Jahr besonders die Regularien KRITIS (Kritische Infrastrukturen) sowie das EEG 2017 und die TR10 (Technische Richtlinie 10) zu nennen.
Kritische Infrastrukturen
Die IT nimmt eine immer wichtigere Rolle in der Gesellschaft ein – so auch in der Windenergie. Bei Ausfällen oder Störungen kann es zu Versorgungsengpässen kommen. Betrifft dies eine Branche so fällt das in den Bereich der KRITIS. Laut BSI (Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik) zählt es zu den Aufgaben eines Betriebsführers ein Informationssicherheits-Managementsystem zu etablieren und dieses in regelmäßigen Abständen zu prüfen, um so Risiken zu reduzieren. Besondere Sicherheitsvorfälle müssen entsprechend an das BSI gemeldet werden. In den letzten Jahren wurden Windparks zunehmend ins Visier von Hackern genommen. Auch das Thema CEO Fraud beschäftigt die IT-Abteilungen immer häufiger – vor allem bei größeren Unternehmen. Ganz grundsätzlich gilt festzuhalten: Im Bereich der IT-Sicherheit herrscht in der Betriebsführung vielfach Nachholbedarf.
Technische Richtlinie 10
Die Regularien des EEG 2017 und die konkretisierten Vorgehensweisen aus der Technischen Richtlinie 10 der Fördergesellschaft Windenergie und andere Dezentrale Energien (FGW e.V.) werden in diesem Jahr auch im besonderen Fokus stehen. Ein zentraler Punkt: Das EEG schreibt vor, dass zur Berechnung der im EEG benannten fiktiven Strommenge, der Betreiber der Anlage verpflichtet ist, eine Datenhaltung zu organisieren, aus der die hierfür notwendigen Betriebszustände der Anlage durch berechtigte Dritte ausgelesen und nicht nachträglich verändert werden können. „Um welche Daten es sich dabei handelt, ist detailliert in der TR 10 beschrieben und seit Veröffentlichung durch die FGW Anfang 2017 bekannt. Daher liegt der Fokus auf dem Aspekt der nicht nachträglichen Veränderbarkeit“, beschreibt Schorer. In der TR10 wird dieser allerdings nicht detailliert behandelt und regulatorisch beschrieben. Darüber hinaus ergibt sich aus der TR10 eine vollkommene neue Definition der Verfügbarkeit, die sowohl von den vorgegebenen Berechnungsformeln des Herstellers als auch von den garantierten Werten abweicht. Im Rahmen der TR10 findet außerdem eine Verschiebung von der Park auf die Einzelanlagen im Bereich der Vergütung statt. Das Thema TR10 wird die Betriebsführung in diesem Jahr also noch häufig beschäftigen.